[Rezension] Oracle - Ursula Poznanski
Titel: Oracle
Autor: Ursula Poznanski
Seitenzahl: 432
Verlag: Loewe
ISBN-10: 3743216582
ISBN-13: 978-3743216587
Erscheinung Erstausgabe: 16.08.2023
Genre: Jugendbuch, Jugendthriller, Science Fiction, Mystery
Handlungsort: nicht genauer angegeben
Klappentext:
Als Kind hat Julian merkwürdige Visionen. Das sind nur Fehlschaltungen im Hirn, sagt seine Therapeutin, bedeutungslose Trugbilder. Und mit den richtigen Medikamenten sind die auch verschwunden. Jahre später wird Julian mit einer schockierenden Erkenntnis konfrontiert. Einige seiner Visionen scheinen wahr geworden zu sein. Sieht er Schatten, die die Zukunft vorauswirft? Könnte er also schlimme Ereignisse verhindern? Oder tritt er damit noch größere Katastrophen los?
Cover und Gestaltung:
Das Cover zeigt eine düstere Nebelwolke, so wie Julian sie in seinem Buch als Marker häufig an anderen Menschen sieht, wenn auch die Atmosphäre im Buch insgesamt nicht annähernd so düster ist wie das Cover. In der schwarzen Wolke befinden sich schöne goldene Einfärbungen und Sprenkel und auch Titel und Autor ist in gold auf das Buch gedruckt, was es ziemlich edel wirken lässt. Die Wolke ist ausserdem in Hochglanz und haptisch als Erhebung dargestellt. Insgesamt ist es ein wirklich wunderschönes Cover.
Meine Meinung:
Bei "Oracle" hat mich wie so oft bei Ursula Poznanskis Jugendbüchern, die Grundthematik sehr angesprochen. Hier geht es um das Vorhersehen der Zukunft, Schicksal und ob sich dieses ändern lässt, wenn man kleine Entscheidungen in seinem Leben ändert.
Dies wird anhand des Protagonisten Julian dargestellt, der von Kindertagen an bei manchen Menschen schreckliche Wolken, Nebel oder Balken vor dem Gesicht oder anderen Körperteilen sieht, die ihn sehr verschrecken. Ausser seiner Familie erzählt er aber niemanden von diesen sogenannten "Markern" und andere Menschen sind natürlich sehr irritiert von seinem schreckhaften Verhalten ihnen gegenüber. Wegen seines sonderbaren Verhaltens wird er auch in der Schule gemobbt.
Erst mit einem Schulwechsel, Beginn einer Therapie und Einnahme von Medikamenten verschwinden diese Markierungen. Trotzdem ist Julian immer noch von Angst getrieben diese irgendwann bei jemanden wieder zu entdecken und bleibt daher lieber für sich. Große Menschenansammlungen oder Partys verabscheut er.
Wir steigen in das Buch ein, als Julian 18 Jahre alt ist, sein Studium beginnt und in ein Studentenwohnheim einzieht. Für ihn ist dies wegen der Eigenbrödlerei während seiner ganzen Jugend sehr ungewohnt und schwierig, aber er möchte seine Krankheit nun endlich hinter sich lassen und weg aus seinem Elternhaus in die Eigenständigkeit.
Nachdem das Einleben im Wohnheim und Bekanntmachen mit seinen Mitbewohnern im Großen und Ganzen besser läuft als erwartet, nimmt Julian den Rat seiner Therapeutin an und geht zu einem Klassentreffen, um endlich mit der Vergangenheit abzuschließen. Von einigen Mitschülern, die er nur mit Marker kannte, sieht er dort auch zum ersten Mal die Gesichter. Doch dann erlebt er dort etwas, was in ihm den Verdacht aufkeimen lässt, dass seine Trugbilder von damals vielleicht Vorrausahnungen für die Zukunft waren, die wirklich eintreten. Und er fragt sich, ob er damit schlimme Katastrophen vielleicht auch verhindern könnte, wenn er diese Marker von damals wieder sehen würde.
Das ist eigentlich eine spannende Ausgangssituation und ein Dilemma für Julian, aus dem man einen guten Plot hätte machen können. Aber die Umsetzung hat mir leider nicht so gut gefallen. Erstmal dauert es c.a. 100 Seiten bis wir an dem Punkt sind, an dem Julian eine Entscheidung trifft und auch danach zieht das Tempo und die Spannung nicht wirklich an, sondern die Geschichte entwickelt sich nur sehr gemächlich. Julian spielt für einige Menschen Schutzengel und die Situationen lösen sich relativ schnell wieder auf. Man merkt zwar, dass Julian durch das Herumsprechen seiner Gabe immer weiter in eine Dynamik hinein gerät, aus der er nicht so schnell wieder rauskommt, aber trotzdem fehlte mir einfach etwas der rote Faden in der Geschichte. Es plätschert mehr so vor sich hin, während man Julian in seinem Uni-Alltag und während der Entwicklung der Beziehungen zu den Leuten im Studentenwohnheim begleitet. Ich hatte nie so besonders den Sog es unbedingt weiter lesen zu müssen und habe es daher auch manchmal tagelang gar nicht zur Hand genommen.
Erst 100 Seiten vor Schluss baut sich dann ein etwas größerer Showdown auf, der nochmal spannend ist. Gut gemacht fand ich, dass dort auf Dinge zurückgegriffen wird, die Julian vorher schon öfters erwähnte, die man aber als Leser nie für so sonderlich wichtig hielt.
Dann wiederum gab es aber einen Nebenstrang, der lange Zeit auch stark im Fokus stand und der für meine Begriffe nicht wirklich gut auserzählt wurde. Da hatte man das Gefühl, dass für diesen Strang nur noch schnell irgendein Ende her musste, damit es irgendwie abgeschlossen ist.
Die Geschichte in der 3. Person aus Sicht von Julian erzählt. Das Buch ist schon sehr jugendlich geschrieben, wobei ich das einem Jugendbuch nicht ankreiden würde, da ich ja schon doppelt so alt wie die Protagonisten bin. Aber man sollte vorher wissen, dass Poznanski mit Robin und Pia und ihrem Hund Kinski zwar sehr diverse Nebencharaktere entwickelt, die aber in der Charakterzeichnung doch recht oberflächlich bleiben. Noch blasser sind Julians Therapeutin Sonja und ihr Mann Armin.
Mir zumindest blieben die Charaktere seltsam fremd, so dass ich nicht so richtig mit ihnen mitfiebern konnte, sondern ich fühlte mich eher nur wie ein aussenstehender Beobachter.
Auch von der Thematik her geht es nebenbei viel um Freundschaft, pubertäre Selbstzweifel und Selbstfindung. Das mögen gute Themen für Jugendliche sein, aber als All Age Buch kann ich "Oracle" zumindest nicht wirklich empfehlen. Da gibt es bessere von Ursula Poznanski. Ich habe es jetzt erstmal meiner 14 jährigen Tochter gegeben, die es noch lesen wollte und bin mal gespannt wie ihr es gefällt.
Fazit:
"Oracle" hat zwar eine originelle Grundthematik über das Vorhersehen der Zukunft und die Frage, ob man eingreifen sollte oder alles dadurch noch schlimmer macht. Es war mir aber in der Umsetzung zu seicht und unspektakulär, da über weite Strecken die Spannung fehlte und die Charaktere sehr oberflächlich blieben. Ich denke aus so einer Idee hätte man viel mehr rausholen können. So konnte es mich leider nicht überzeugen.
Charaktere
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