Mittwoch, 21. Dezember 2016

[Rezension] Die Allee der verbotenen Fragen - Antonia Michaelis

[Rezension] Die Allee der verbotenen Fragen - Antonia Michaelis



Titel: Die Allee der verbotenen Fragen 
Autor: Antonia Michaelis
Seitenzahl: 384
Verlag: Knaur HC
ISBN-10: 3426653869
ISBN-13: 978-3426652869
Erscheinung Erstausgabe: 01.04.2016
Genre: Roman; Belletristik




Inhalt:

Akelei traut ihren Augen kaum, als sie in einer Schaufensterscheibe das genaue Abbild ihres Jugendfreundes Finn sieht, der damals einfach spurlos aus der Kastanienallee, in der sie behütet aufgewachsen ist, verschwand. Doch im Gegensatz zu Finn, der auf mysteriöse Weise nicht gealtert zu sein scheint, ist aus Akelei seither eine etwas pummelige Hausfrau mittleren Alters geworden. Ohne zu überlegen folgt sie Finn und erlebt nicht nur eine abenteuerliche Reise quer durch Deutschland, sondern auch eine Reise zurück in ihre Vergangenheit, in die Allee der verbotenen Fragen, aus der sie soviel verdrängt hat und in der nichts so perfekt war wie ihre äußerliche Fassade vermuten ließ.


Cover und Gestaltung:

Das Cover zeigt eine Allee im Sonnenlicht und passt optisch im Regal auch sehr gut zum Vorgänger "Das Institut der letzten Wünsche". Die Allee ist natürlich passend zum Titel und Inhalt gewählt, dennoch finde ich das Cover etwas zu hell und freundlich, so dass es für mich nicht so richtig zu der eher melancholischen Grundstimmung im Buch passen will. 
Der Titel "Die Allee der verbotenen Fragen" ist hingegen perfekt gewählt.


Meine Meinung:

Das Buch beginnt typisch für Antonia Michaelis wieder mit einer ziemlich mysteriös anmutenden Geschichte. Johann ein junger Engländer will nach der Schule eine Europareise unternehmen. Doch als er auf den Spuren seiner Wurzeln in ein Dorf nahe Greifswald reist, in dem er mit seinen Eltern seine ersten Lebensjahre verbracht hat, entdeckt er dort einen Grabstein mit seinem eigenen Namen Johann Fin Paul und seinem Geburtsdatum. Doch das Kind, dass dort begraben liegt ist nur einen Tag alt geworden. Noch seltsamer wird das Ganze als Johann von dem Pfarrer einen Koffer ausgehändigt bekommt mit allerlei mysteriösem Inhalt, der Johann aber überhaupt nichts sagt. Neugierig geworden, wie das sein kann beginnt er eine rätselhafte Reise durch Deutschland auf der Suche nach seinem Doppelgänger.

Auf der anderen Seite haben wir Akelei: eine Frau mittleren Alters, die sich eines Tages im Schaufenster betrachtet und über ihr Leben sinniert. Sie sieht viel älter aus, als sie eigentlich ist, kleidet sich spießig und hat eigentlich immer nur die Dinge gemacht, die andere von ihr erwartet haben. Sie hat einen Mann, der finanziell gut für sie sorgt, aber den sie nicht liebt und eigentlich total langweilig findet, einen geregelten Tagesablauf, aber fristet doch ein mehr als durchschnittliches, tristes und leidenschaftsloses Leben als Hausfrau. Als sie in dem Schaufenster plötzlich ihre Jugendliebe Fin sieht, löst dies etwas in ihr aus, dass sie dazu bewegt von jetzt auf gleich alles hinter sich zu lassen und ihm mit samt Huhn in der Tasche, welches eigentlich gerade noch für einen Braten in Rotweinsauce vorgesehen war, auf eine Reise quer durch Deutschland zu verfolgen.

Aus diesen beiden Sichtweisen wird der Roman abwechselnd erzählt. Außerdem spielt er auf verschiedenen Zeitebenen, denn immer wenn die Geschichte aus Akeleis Sicht erzählt wird, schwenkt die Handlung irgendwann zurück in die Vergangenheit, in der sie in der damaligen DDR in der Kastanienallee scheinbar behütet aufgewachsen ist. Doch vieles scheint sie verdrängt oder vergessen zu haben, doch nun auf ihrer Reise mit Fin findet sie immer mehr Puzzleteile, die ihr Bild von der Vergangenheit vervollständigen und mehr und mehr Geheimnisse ans Tageslicht bringen, die zeigen was hinter dieser heilen Fassade für die Außenwelt passiert ist und die nichts mehr so sein lassen wie es war.

Es ist anfangs eine so einer mysteriöse und zunächst absurd anmutenden Geschichte, bei der man als Leser so viele Fragen im Kopf hat, wie das eigentlich alles sein kann. Lange Zeit fragt man sich, was Wirklichkeit und was surreal ist und in wie weit Antonia Michaelis hier wieder mit den verschiedenen Realitäten spielt, was sie ja so gut versteht. Unglaublich und faszinierend ist es aber wie sie in diesem Buch schließlich am Ende doch alles wieder beide Erzählperspektiven sowie Gegenwart und Vergangenheit logisch zu einer zusammenhängenden Geschichte führt.
Und auch in diesem Buch verwebt sie so viele Sachen miteinander, dass es einfach alles gleichzeitig ist: spannend durch die mysteriöse Ausgangssituation, emotional, bewegend und traurig durch das Schicksal der Personen und ihrer Vergangenheit die mehr und mehr ans Tageslicht kommt, aber auch teilweise sehr amüsant und unterhaltsam durch die ganze Reise durch Deutschland inklusive vor allem dem Huhn und auch anderer skuriller Personen, auf die beide treffen. 
Dazu kommt dann noch der unvergleichliche Schreibstil der Autorin, der wie immer unglaublich bildgewaltig, poetisch und einfach außergewöhnlich ist. Wer schon einmal ein Buch von Antonia Michaelis gelesen hat, wird genau wissen, was ich meine.
Keine andere Autorin schafft es mich mit den Themen in ihren Büchern und ihrem Schreibstil so zu berühren wie Antonia Michaelis es tut.


Fazit:

"Die Allee der verbotenen Fragen" ist wieder ein grandioser Roman in Antonia Michaelis unvergleichbar eigenen Stil. Sie verwebt eine mysteriöse Ausgangssituation, die den Leser vor viele Fragen stellt, mit ihren einzigartigen, teilweise recht schrägen Charakteren, humorvollen Passagen und einer vor allem berührenden, melancholischen und emotional sehr tiefgehenden Geschichte, für die man sich Zeit lassen sollte, um sich komplett in sie fallen zu lassen. 
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung für dieses und auch die anderen Bücher der Autorin.





   Originalität     

   Umsetzung      

    Schreibstil      

     Charaktere     

        Tempo         

          Tiefe         

        Lesespaß      








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