Sonntag, 7. Februar 2016

[Rezension] Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel

[Rezension] Das Licht der letzten Tage - Emily St. John Mandel


Titel: Das Licht der letzten Tage
Autor: Emily St. John Mandel
Seitenzahl: 416
Verlag: Piper
ISBN-10: 3492060226
ISBN-13: 978-3492060226
Erscheinung Erstausgabe: 14.09.15

Genre: Endzeitroman, Dystopie





Inhalt:

Der Schauspieler Arthur Leander stirbt im Egelin Theatre in Toronto bei einer Aufführung von Shakespeares König Lear auf der Bühne an einem Herzinfrakt. In den folgenden Tagen bricht die Greogorianische Grippe, die durch ein Virus übertragen wird, auf der ganzen Welt aus und rafft über 99% der Weltbevölkerung binnen von wenigen Tagen hin. 



Cover und Gestaltung:

Das Cover ist wunderschön gestaltet und definitiv eines der Highlights in meinem Bücherregal. Es zeigt das rot der untergehenden Sonne vor einer Skyline und passt damit thematisch wunderbar zu Buch und Titel. Aber es spiegelt auch sehr gut die melancholische Stimmung im Buch wieder. 

Auch den Titel finde ich hier sehr gut gewählt und besser als im Original ("Station Eleven"). "Das Licht der letzten Tage" spielt auf den Titel eines Comics an, der in dem Buch eine wichtige Rolle spielt.


Meine Meinung:

Das Buch ist in 9 Teile unterteilt. Zwischen den Teilen und teilweise sogar innerhalb dieser wechseln die Erzähl- und Zeitebene sehr oft. 
Der erste Teil beginnt mit dem Tod des Schauspielers Arthur Leander, der während einer Theateraufführung einen Herzinfarkt erleitet. Doch schon bald interessiert sich keiner mehr für seinen Tod, denn es ist der Anfang der plötzlich ausbrechenden Gregorianischen Grippe, die die Menschen überraschte und dahinraffte. 
Später springen wir ins Jahr 20 nach dieser Pandemie und verfolgen dort eine Gruppe von Überlebenden Schauspielern und Musikern, die unter dem Namen "Die Symphonie" durch das Land reist, um den Überlebenden in den Städten Werke von Shakespeare vorzustellen. 
Der rote Faden den die Autorin in diesem Buch verfolgt wird erst spät ersichtlich. Denn immer wieder springt das Buch auch wieder zurück vor die Zeit der Gregorianischen Grippe und erzählt vom Leben des Schauspielers Arthur Leander, von dessen Tod man im ersten Kapitel bereits Zeuge wurde. Nichts desto trotz spielt sein Leben und sein Auf- und Abstieg als Schauspieler in Hollywood eine wichtige Rolle im Geschehen. Episodenhaft wird auch von den Personen in seinem Umfeld berichtet: Kirsten, eine der Überlebenden war noch ein Kind als Arthur starb und spielte in demselben Stück mit wie er, Jeevan verfolgte Arthur als Paparazzo,  wird später Sanitäter und sitzt im Publikum und will ihm helfen, als Arthur stirbt. Miranda ist Arthurs erste Frau. Sie zeichnet einen Comic, der eine wichtige Rolle im Buch spielt. Außerdem gibt es Clark, Arthurs besten Freund und Elisabeth, welche Arthurs zweite Frau ist und mit ihm zusammen einen Sohn hat. All diese Leute, die Arthur gekannt haben sind auf schicksalhafte Weise miteinander verbunden. Wie alles miteinander verwoben ist muss man sich aber erst Stück für Stück wie ein Puzzle zusammen konstruieren und man erhält erst ganz am Ende des Buches ein Bild von der Gesamtsituation.

Das Buch war ganz anders als erwartet. Ich habe eine Mischung aus einer Dystopie und einem postapokalyptischen Roman erwartet. Teilweise ist es das auch und doch ist es ganz anders als klassische Dystopien, schon alleine durch die großen Teile, die es in der Vergangenheit spielen. Außerdem ist das Buch auch sehr ruhig. Man sollte auf keinen Fall spannungsgeladene, actionreiche oder dramatische Überlebensszenen in der zerstörten Welt erwarten, denn es werden auch die ersten 20 Jahre nach dem Untergang, in denen vor allem Panik, Angst und Überlebenskampf vorgeherrscht haben müsste, übersprungen. Es geht überhaupt weniger um das Überleben an sich, sondern eher um das Motto "Überleben allein ist unzureichend" , dass sich die Symphonie auch auf ihren Wanderwagen geschrieben hat. 
Generell ist der Roman auch eher handlungsarm. Die Spannung wird hier eher dadurch erzeugt, dass alle Personen irgendetwas mit Arthur Leander zu tun hatten und sich diese Zusammenhänge erst nach und nach bis zum Schluss hin erschließen.

Die Autorin verpackt dies in einen wunderschönen, malerischen und bildhaften Schreibstil, mit dem sie sehr gut die melancholische Stimmung einfängt und sehr nachdenklich macht über das Leben, wie wir es haben und Dinge, die wir gar nicht mehr beachten, sondern für selbstverständlich hinnehmen. Es regt einen an wieder die Schönheit der banalen Dinge wahrzunehmen.


„Damals in dieser lächerlich einfachen Welt, in der die Lebensmittel in Supermärkten auf Regalen standen und das Wasser aus dem Hahn kam und Reisen einfach nur bedeutete, dass man sich in ein benzinbetriebenes Fahrzeug setzte“. 


Wenn man etwas an dem Buch kritisieren kann, dann sind es die Charaktere. Mir fiel es schwer eine emotionale Bindung zu diesen aufzubauen. Dies lag zum einen daran, dass es sich um eine riesige Anzahl von Charakteren handelt, von denen viele nur nebenbei erwähnt wurden. Zum anderen aber auch an der episodenhaften Erzählweise. So gern ich verworrene Geschichten mag, der Bindung zu den Charakteren stand diese bei mir in diesem Buch im Wege, so dass ich wenn dann nur in Ansätzen mit Jeevan und Miranda mitfühlen konnte. Aber im Großen und Ganzen bewegte mich eher die Gesamtsituation in diesem Buch, als das Schicksal der einzelnen Charaktere.


Fazit:

"Das Licht der letzten Tage" ist eine besondere Dystopie, die den Untergang der Welt und das Leben der wenigen Überlebenden erzählt und damit weitestgehend ohne Brutalität und Action auskommt, sondern sich eher einem wundervoll poetischen Schreibstil bedient. Ein Buch für alle diejenigen, die auch ruhige Töne, melancholische Stimmungen verbunden mit kleinen Hoffnungsschimmern mögen, nichts gegen verstrickte Geschichten haben und mal einen ganz neuen Ansatz einer Dystopie lesen wollen.




   Originalität     

   Umsetzung      

    Schreibstil      

     Charaktere     

        Tempo        

          Tiefe         

        Lesespaß      



Vielen Dank an den Piper Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplars!



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