Samstag, 2. August 2014

[Rezension] Der Märchenerzähler - Antonia Michaelis

[Rezension] Der Märchenerzähler - Antonia Michaelis




Titel: Der Märchenerzähler
Autor: Antonia Michaelis
Seitenzahl: 448
Verlag: Oetinger 
ISBN-10: 3789142891
ISBN-13: 978-3789142895
Erscheinung Erstausgabe: 25.01.2011





Lesezeitraum:

29.07.2014 - 30.07.2014



Inhalt:

Anna ist ein ehrgeizige 17 jährige Schülerin aus der gehobenen Mittelschicht, die kurz vor ihrem Abitur steht. Ebenfalls in ihrem Abiturjahrgang ist Abel Tannatek, ein Außenseiter, der mit keinem spricht außer er ist dabei Drogen zu verkaufen. Aber eines Tages sieht Anna Abel mit seiner kleinen Schwester Micha, für die er seit dem Verschwinden ihrer Mutter die Verantwortung trägt. Sie lernt seine sanfte, gutmütige und fantasievolle Seite kennen und ist zu tiefst berührt von ihm und dem Märchen dass er seiner kleinen Schwester erzählt. Doch die Grenzen zwischen der Fantasie des Märchens und der grausamen Wirklichkeit scheinen immer mehr verschwimmen....



Cover und Gestaltung:

Auf dem Cover sieht man eine Person zwischen Hagebuttensträuchern, die die Arme ausgebreitet hat und zum Meer hinaus schaut während Scheeflocken fallen. Es ist ein sehr schönes stimmungsvolles Cover. Auf der Rückseite des Schutzumschlages geht das Bild weiter, dort ist allerdings auch eine Hand mit einer Pistole abgebildet, was dem ganzen Cover schlagartig einen schaurigen Charakter verleiht.
Es ist sehr passend: schön und angsteinflössend zugleich und fängt sehr gut die Stimmung und die Atmosphäre des Buches ein.


Meine Meinung:

"Doch sie hörte hinter den Worten eine uralte Dunkelheit lauern, die Dunkelheit aller Märchen, die Kehrseite." (S. 45)


"Der Märchenerzähler" ist ein sehr anrührendes und emotionales Buch. Es verbindet so viele Elemente miteinander. Es ist sowohl ein Thriller, als auch eine Liebesgeschichte. Es beinhaltet ein Märchen, aber vor allem ist es ein Sozialdrama. Es ist einzigartig, denn es wechselt stetig zwischen der eigentlichen Geschichte und dem Märchen das Abel seiner Schwester Micha erzählt, dass aber erstaunlich viele Parallelen zur Realität aufweist und in dem viele Hinweise versteckt sind, die man aber teilweise erst am Ende als solche entdeckt. Diese Verflechtung der Realität mit dem Märchen empfand ich als außergewöhnlich und wunderschön. 

Antonia Michaelis Schreibstil ist passend dazu wunderbar bildhaft und poetisch. Mittels diesem und durch die Witterung im Buch, einem klirrend kalten Winter in dem Schneestürme wüten und das Wasser zugefroren ist, versteht sie es eine einzigartige, faszinierende, aber zugleich auch bedrohliche Atmosphäre zu schaffen. 

Das Einzige, was mir bei dem Buch nicht ganz so gut gefallen hat war die Dastellung der Protagonistin Anna. Sie lebt in ihrer eigenen Welt, macht sich zwar über vieles Gedanken und schwimmt gegen den Strom, was sie mir zu Anfang des Buches durchaus symphatisch gemacht hat. Aber dennoch ist sie reichlich naiv und verhält sich oft wie ein kleines Mädchen. Sie verzeiht Abel alles und vor allem viel zu schnell und glaubt ihn damit retten zu können. Anna war mir damit etwas zu eindimensional dargestellt.
Dies wird aber bei Abel mehr als wieder wettgemacht. Sicher kein einfacher Charakter, aber einer der vielschichtiger nicht sein könnte. Auf den ersten Blick verschlossen, kühl, gruselig und unnahbar. Auf der anderen Seite der warmherzige, fantasievolle Mensch, der sich voller Aufopferung um seine kleine Schwester kümmert. Man weiß nie genau, woran man bei ihm ist. Seine ganze Geschichte. die Verantwortung und die ganze Bürde die im seine Vergangenheit auferlegt hat.
Und seine süße 6 jährige bescheidene, wissbegierige und herzliche Schwester Micha muss man einfach nur gern haben.

"Wenn man sich sein ganzes Leben kennt, kann man einander auch im Dunkeln sehen" (S. 70)


Neben einigen sehr detaillierten brutalen Szenen, beschäftigt sich das Buch mit vielen schwierigen Themen, die schwer zu verkraften und gefährlich sind, wenn sie von 14 jährigen falsch eingeordnet werden, deshalb ist es für mich eigentlich kein typisches Jugendbuch und ich würde die Altersempfehlung daher auf 16 Jahre anheben.


Es ist schwierig dieses Buch in Worte zu fassen und man kann nicht nicht viel mehr Schreiben ohne etwas vorwegzunehmen.

Also nur noch soviel. Es ist eine zu tiefst bewegende herzzereißende, komplexe Geschichte, die mich gerührt und mitgenommen hat und mich nun erschüttert und aufgewühlt zurück lässt. Nach dem Zuklappen des Buches hatte ich Tränen in den Augen und das haben bei mir nur eine handvoll Bücher in meinem gesamten Bücherleben geschafft und dies sagt denke ich schon einiges über das Buch aus. 



Fazit:

"Der Märchenerzähler" ist ein einzigartiges, anrührendes Buch, das nicht nur viele Genres vereint, sondern auch die Realität mit der Fantasie eines Märchens verknüpft. Ein Buch das sämtliche Höhen und Tiefen darstellt und in dem es kein Schwarz oder Weiß gibt. Das Märchen des Lebens. Tragisch, mitreißend und tieftraurig. Ein Buch, dass einen nicht mehr so schnell loslässt.

Von mir bekommt es 5 von 5 Sternen und meinen Lieblingsbuchstatus.





     Originalität    

      Umsetzung    

     Schreibstil      

       Charaktere    

          Tempo        

              Tiefe       

         Lesespaß      





2 Kommentare:

  1. Hört sich sehr interessant an!
    Du hast wirklich einen tollen Blog. Mich würde es so freuen wenn du mal vorbeischauen würdest, vielleicht gewinne ich ja eine neue liebe Leserin dazu :). Behalte deinen Blog ab jetzt im Auge.

    Liebe Grüße Sophia von
    www.sophias-fashion.blogspot.com

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  2. Hi,

    als ich den Märchenerzähler las, da hatte ich ja keinen Blog. Aber du fasst super in Worte, wie es mir beim Lesen ging. Durch dieses Buch habe ich eine sehr hohe Meinung von der Autorin, weil es wirklich ein sehr komplexes Buch - wenn auch im Jugendbereich- ist. Die ersten 60 Seiten tat ich mich schwer, doch dann war ich drin und es war kein Fehler, es gelesen zu haben.

    Allein die Stimmung, die sie geschaffen hat war atemberaubend. Ich hab mich gefühlt, als ob ich mitten im Osten in so einer Plattenbausiedlung stehe... ein Gefühl, dass ich auch habe, wenn ich wieder mal nach Hause fahre. Trist, farblos, grau.

    Na ja... jedenfalls eine echt passende Rezi. Zu einem tollen Buch, wie ich finde.

    begeistertes Schuhuuu
    der buchkauz

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